Tagebuch

Moin Moin, und was Männer so reden

Es regnet. Nein. Es stürmt. Ich sitze in einem kalt wirkenden Frühstücksraum, der lustigerweise «das Esszimmer» heisst.

Cool, wie zu Hause, ist nur nicht bei mir, wie sollte es auch. Wo hier alles in pink, anthrazit, türkisblau ist.

Kalt. Sehr kalt. Unpersönlich. Grässlich.

Unorganisiert. Alles. Wie ich das hasse.

Du kennst mich MaBelle. Ich fühl mich hier nicht wirklich wohl.

Interessant ist das Personal. Wirklich. Durchschnittsalter höchstens 23 Jahre. Vor mir steht ein grinsender, Zahnspange tragender junger Bursche und klärt mich auf. Hier in Hamburg heisst es «Moin Moin» und «Jo» statt Ja. Ich würde weniger auffallen, hielte ich mich daran. Toll. «Moin Moin» und «Jo» und niemand soll auf den ersten Augenblick merken, dass ich aus der Schweiz komme? Probiere ich selbstverständlich aus.

Von meinem Tisch aus habe ich fast alles im Blick. Schampar interessant. Nichts lieber als dir, liebe Christine, ein Bild zu schicken. Geht nur nicht. Das fällt auf. Ein junges Mädel, ist sie hübsch? Weiss ich nicht. Sie ist dick vermummt in einem Schal, noch dicker ihr Pulli. Und in ihren Hosen klaffen mega Löcher. Die Designerschuhe trägt sie barfuss. Egal wie warm es ist. Cool aussehen ist Pflicht.

Ich mache mir Gedanken, meine Liebe. Gedanken, warum die Menschen hier alle so farblos sind. Nur schwarze, dunkle, weisse oder graue Kleider. Ich passe zur pinkigen, anthrazitfarbenen, türkisblauen Einrichtung. Farblich. Ich falle also auch nicht auf. Perfekt.

«Alle Leute sind gefährlich, weil sie keine Angst vor der Zukunft haben.» Ich muss mir den Hals verdrehen, damit ich den, der dies sagt, auch sehen kann. Oh Gott, diese Diskussion. Ich muss noch bleiben, wollte gehen, es wird interessant, und es lohnt sich zu bleiben.

Schade, bist du nicht mitgekommen, das wäre ein Spass, wir zwei.

«… der Mensch kann gut 130 Jahre alt werden …» Ich bin gespannt, spitze meine Ohren, mache sie weit auf, muss ja wissen wie es weitergeht, gäll.

«… mit Sport, gesundem Essen und genügend Sex, kann man das erreichen.» Ich bin fassungslos als ich sehe, wer das sagte. Ein alter Sack. Und ich meine wirklich alt, 80plus. Oh Gott, diese Vorstellung. Ich packe meine Sachen und gehe. Zügig, mehr will ich nicht hören.

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