Tratschen

#Me Too. Wehe, du denkst etwas weit zurück

 «Mir geht es so gut, wie noch nie in meinem Leben. Und doch ist es mir passiert, im Elternhaus, wo ich mich sicher fühlte. Wo ich hätte sicher sein sollen. Leider war ich es nicht. Das gab es immer und wird es immer geben.»

MaBelle, das sind die Worte von einer Freundin von mir. Ich glaub, du kennst sie nicht.

Letzthin traf ich eine alte Freundin, nennen wir sie Ruth. Wir sahen uns beim Austauschtreffen der Selbsthilfegruppen. Sie stellte mir ihre Gruppe vor. Eine Gruppe für missbrauchte und von Gewalt betroffene Frauen. Ich weiss, dass sie es nicht leicht hatte, nahm sie doch eine Zeitlang fachliche Hilfe an. Um damit, wie sie sagt, fertig zu werden. Musst wissen, sie wollte es alleine schaffen. Die Eltern wissen bis heute nicht, was damals, im Zimmer ihrer Tochter passiert ist. Was ihr Sohn mit seiner jüngeren Schwester gemacht hat.

Meine Liebe, sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen, das ist nicht neu und keine Seltenheit. Leider. Unter Geschwistern, unter Jugendlichen, passiert es öfter, als du dir das vorstellen kannst.

Ob «blöde Anmache», ungewollte Berührungen, erpresste, erzwungene sexuelle Handlungen von Gleichaltrigen. Da ist alles dabei. Die Palette sexueller Übergriffe unter Minderjährigen ist schampar gross. Sie geht von sexueller Belästigung bis zu sexueller Gewalt. Boah, all diese Infos? Sind heftig.

«Was sind sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen?»

Diese Frage muss sein. Ich kenne im Grunde die Antwort. Ich kann es mir vorstellen. Sexuelle Grenzverletzungen sind alle sexuellen Äusserungen und Handlungen gegen den Willen eines anderen Jugendlichen. Spontan, aus einer Situation heraus, vorsätzlich geplante Übergriffe.

Ich bekomme von ihr die Delikte mit Körperkontaktliste zum Durchlesen. Grabschen. Aufgedrängte Küsse. Unerwünschte Berührungen an Brust und Po. Vergewaltigung. Date Rape. Das ist sexuelle Gewalt  bei einer Verabredung. Gang Bang, mehrere Männer vergehen sich an einer Frau, und die Liste geht weiter.

Ich gucke die Freundin an und denke bei mir: Naja, ein Grossteil der heutigen sexuellen Übergriffe gab es schon vor 30 oder 40 Jahren. Damals redete kaum jemand darüber. Die sexuelle Gewalt wurde nicht in dem Masse problematisiert wie heute. Du bist das ideale Beispiel. Eine Ohrfeige gehörte vor 30 bis 40 Jahren zum normalen Erziehungsalltag, die Watsche musstest du hinnehmen. Ist es nicht so meine Liebe, die Übergriffe haben sich weniger geändert, vielmehr die pädagogische Sensibilität. Gott sei Dank.

Sexuelle Übergriffe unter Geschwistern gibt es heute wie früher. Was nicht sein darf, das kann nicht sein. Denken viele und schliessen die Augen. Ich weiss von meiner Kollegin, dass ein Gespräch mit den Eltern nicht möglich war. Ging nicht. Nicht in dieser Zeit. Nicht vor knapp 40 Jahren. Übergriffe unter Geschwistern, das löst bei den Eltern widersprüchliche Gefühle aus. Etwa Angst und Schuld. Da ist es einfacher für die Eltern, das Geschehene totzuschweigen, abzuwarten und die Zeit für sich arbeiten zu lassen.

Oder du machst es wie die Freundin von mir. Behältst alles für dich, suchst professionelle Hilfe und versuchst auf diesem Weg, damit zurecht zu kommen. Was vor so vielen Jahren alles sicher nicht einfach war.

Du kannst es drehen und wenden wie du willst: Für die Eltern ists ein Dilemma. Schliesslich sind beides ihre Kinder.

 

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