Tratschen

Frau Fasnacht

«Hinecht isch die Fasnacht, wo Muetter Chüechli bacht, wo de Vater umespringt und der Muetter d Chüechli nimmt.»

 

Ma Belle, meine Schöne. Dieses Jahr wollte ich unbedingt nach Basel. Das Schaulaufen der Wagen geniessen, den Guggen zuhören. Auf Deutsch: Cortège gucken. Am Strassenrand stehen, die aufwändig dekorierten Fasnachtswagen sehen. Zuschauen, wie Orangen, Mimosen, Tulpen, Zältli und Räppli verteilt werden. Du weisst ja: Ich mag die Pfyffen und Trommeln, und ich liebe Basel.

1983. Erinnerst dich? Wir wollten unbedingt an die Basler Fasnacht. Inklusive Morgestraich. Bei einem gleichaltrigen Jungen übernachten. Naja, du warst es bitzeli doof. Hast zuerst deine Eltern gefragt. Die Erlaubnis bekamst du nicht. War klar, welche Eltern willigen schon ein, will ihre Tochter bei einem fremden Burscht übernachten? Wohl keine. Und überhaupt. Drei Tage an die Basler Fasnacht mit 16 Jahren, in Begleitung der besten Freundin? Selbstverständlich kommt das nicht in die Tüte

Ich nahm das geschickter in die Hand. Logisch hätte ich nie die Erlaubnis bekommen. Ich erzählte Madlen, wir hätten ein Schulprojekt. «Lebendige Traditionen.» Und das sei in Basel. Dauert Montag und Dienstag. Treffpunkt sei Sonntagabend in Basel. Weisst du, ich war sowas von erstaunt, Madlen hat nicht nachgefragt.

Läck, das Drama. Bei dir daheim. Kaum zurück, steht deine Mutter im Zimmer und brüllt dich an. Ma Belle, warum hast du mir nichts gesagt? Deine Eltern hatten dir verboten, nach Basel zu fahren. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, du würdest einfach mitkommen. Ohne Erlaubnis.

Wie du weisst, mein Traum war: Wohnen und arbeiten in Basel. Einen Tag nach der Abschlussfeier fahre ich nach Basel. Will die Zusatzlehre als Gärtnerin anhängen. Tja, klappte nicht so, wie ich es mir vorstellte. Ich schmiss die Ausbildung. Eine Stelle als Floristin war nicht zu finden auf die Schnelle. Macht nix, ich ging servieren. In einer Kneipe. Im kurzen, schwarzen Rock bediente ich die alten Säcke. Und hörte mir ihre primitiven Sprüche an. Widerlich. Naja, das war halt eine Notlösung. Und eine Erfahrung.

Seit Jahren würde ich schampar gern beim Cortège am Strassenrand stehen. Und heute? Kurzfristig plane ich um. Mangels fehlender Motivation. Könntest du mich sehen … Ich habe einen Knall. Am Vormittag lief ich hurtig ins Städtli, chrömlä für die Basler Fasnacht daheim.

Im TV läuft der Cortège. Auf dem Stubentisch liegen Orangen, Zältli. Selbstverständlich fehlen die Mimosen nicht. Die schönen gelben, weichen Kügelchen verteilen ihren Duft durchs Wohnzimmer. Ich sag dir, meine Liebe, hätte ich eine Putzfrau, schmisse ich noch «Räppli» in Rot, Gelb, Blau durch die Wohnung.

 

 

Keine Kommentare
Vorheriger Beitrag
14. März 2019
Nächster Beitrag
14. März 2019

Keine Kommentare

Kommentar hinterlassen