Nagellackfarbe, die ich besitze: 17
Nagellackfarbe, die ich brauche: 3
Nagellackfarbe, die ich bereit wäre, wegzuwerfen: 0
Meine Schöne, du kannst dir nicht vorstellen, wie anstrengend die letzten Wochen waren. Es gab schampar viel zu tun. Ich war sowas von angepisst, du glaubst das kaum. Naja, im Grunde bin ichs noch. Weisst du, auf alles und jeden. Auf all das, was mir schräg kommt und mir damit meinen Alltag versaut. Emotional oder körperlich spielt keine Rolle.
Ich habe meine Kinder schon netter gefunden, mein Kerl nervt mich, und die Stadtner machen mich sauer. Nur, meine Liebe, habe ich keinen Grund dafür. Alles fucking Alltag von mir, als Mutter und Frau.
Mein Kerl und ich streiten so gut wie nie. Lämpä, die gibts tagtäglich. Heute gehts ums Ausmisten. Dieser Kerl will mich um Herrgottswillen nicht verstehen. Er kann nicht loslassen. Möchte ich was Neues anschaffen, kann das dem Alten nicht das Wasser reichen. Das Alte muss bleiben. Er kann sich schlecht trennen. Die Dinger werden irgendwo zuunterst und zuhinterst im Schrank verstaut und vergessen. Drehbänkli, Marke Selberbau mit Jg. 82, nie gebraucht und Dampflokis verstauben im Keller. Genau wie die alte schwarze Töfflederjacke aus den 80ern. Meine Liebe, du kennst beides. Jacke und meinen Kerl. Die Frage, ob er da (noch) reinpasst, erübrigt sich. Egal, es wird behalten, denn du weisst nie, ob dus wirklich nicht mehr brauchst. Ein weiteres Kriterium zum Behalten ist: Es wurde geschenkt.
Über alte, nicht mehr getragene Hosen, T-Shirts und Socken streiten mein Kerl und ich gerne. Er will alles behalten, ich will mehr Luft im Kleiderschrank und möchte es entsorgen. Zum gefühlten tausendsten Mal diskutieren wir. «Miste du deine Nagellackfarben aus und dann, erst dann, reden wir über meine alten Kleider.» Ich trau meinen Ohren nicht. Ma Belle, stell dir das vor. Meine Nagellackfarben ausmisten soll ich. Ich bin eine Frau. Ich brauche all die Farben.
Na gut. Zurzeit habe ich die stumpfen Fingernägel eines Tunnelbauers. Viel zu kurz. Ich muss sie wieder wachsen lassen. Weisst du, nicht so lang, dass ich kleine Kinder in ein Lebkuchenhäuschen locken könnte. Das muss nicht sein. Ich bin keine Hexe. Anderseits könnte ich dir Geschichten erzählen: von bösen Hexen, gefrässigen Wölfen. Der Gehörnte mit dem Pferdefuss. Der trübe Ochsensumpfteich. Die Wirkung von toten, getrockneten Pflanzen und heissem Wasser. Und sie alle haben was Gemeinsames. Am Ende siegen nicht die fiesen Hexen und ihre Freunde, sondern die guten Märchenhelden.
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