Tratschen

Diese Online-Schulung haut mich vom Stuhl

Die eine kommt regelmässig zu spät, die andere empfängt den Pöstler während ihrer Online-Präsentation oder nimmt Anrufe entgegen, vereinbart Waschmaschinen-Flick-Termine. So geht Online-Schulung.

Uff, meine Liebe. Online-Schulung ist schampar anstrengend und doof. Meine Meinung. Du erlebst Dinge, da stehen dir die Haare zu Berge. Ma Belle, du weisst ja, 2021 ist ein Weiterbildungsjahr für mich.

Start der Zoom-Schulung 8.30 Uhr. Dem Audio beitreten ab 8.00 Uhr. Logisch, ich bin die erste im virtuellen Klassenzimmer. Diese Zeit des Wartens musst du dir unbedingt schenken bei deiner nächsten Online-Weiterbildung.

«Prinzässin» ist zu lesen. Bildlich stelle ich mir eine junge, hübsche Frau mit grünen Augen, roten Locken vor. Jetzt bin ich gespannt, was für ein Gesicht zu «Prinzässin» gehört. Oh mein Gott. Cruella wäre treffender. Läck, ma Belle, das ist nur peinlich.

Eine andere, ihr Mikro ist an, kommt dazu. Ihr Partner steht hinter ihr, beugt sich herunter und fingerlet auf der Tastatur herum. «Du kannst mich lassen», höre ich sie. Er: «Bist du sicher?» Sie: «Ja.» Er: «Wirklich?» Sie wiederholt genervt «Jaaa!» Er: «Ich nicht.» Das müsste mein Kerl sich erlauben, der bekäme was zu hören von mir.

Und die ewig zu spät Kommenden. Die hast du auch bei einer Zoom-Schulung. Sowas von anstrengend sag ich dir, meine Liebe. Am zweiten Tag kommt dieselbe Kursteilnehmerin wie am Vortag über 10 Minuten zu spät hinzu. Die Frage, «ÖV-Verspätung?», von mir kommt bei ihr nicht gut an. Die anderen verkneifen sich ein Grinsen, was nicht allen gelingt.

Unsere Dozentin, Frau Gubler, – was die sich erlaubt, das glaubst du mir nicht. Während der Präsentation klingelt ihr Handy. Selbstverständlich nimmt sie den Anruf entgegen. Gut zu wissen, dass ihre Waschmaschine kaputt ist und am nächsten Morgen repariert wird. Die Präsentation geht weiter. Nicht lange, und es schellt an ihrer Haustüre. «Ah cool, ich muss hurtig an die Tür. Mein Päckli vom DHL-Mann entgegennehmen.» Und weg war sie.

Am anderen Morgen telefoniere ich mit Frau Bünzli. Ja, die heisst wirklich so. Frau Bünzli leitet die Geschäftsstelle der Schule, bei der ich mich für meine Kurse und Module eingeschrieben habe. Ich teile ihr mit, alle Weiterbildungen unter der Leitung von Frau Gubler zu annullieren. Der Kommentar von Frau Bünzli? «Die gleichen Kurse finden noch in Bern statt. Lohnt sich der Weg?» Welcher Weg? Ist alles online. Oje, Frau Bünzli und Frau Gubler passen perfekt zueinander.

Ma Belle, ist es nicht eine Frechheit, dass ein Onlinekurs gleich viel kostet wie der Präsenzunterricht? Vor allem ist die Kursleitung beim Onlinekurs stümperhaft. Ich befürchte, das habe ich Frau Bünzli so geschrieben. Du weisst ja, ich mache stets ein Bestätigungsmail, so habe ich was in den Händen, wirds kompliziert.

Neuer Tag. Neuer Dozent. Heute wirds vielversprechend. Dozent ist ein älterer Herr von der Fachstelle für Psychische Gesundheit. Meine Liebe, ich habe einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Denke ich.

Ich, chillig mit Headset auf dem Bürodrehstuhl, folge gelangweilt der Unterhaltung und lehne mich nach hinten. Plötzlich machts zack, und ich häng zwischen Pult und Boden. Samt Bürostuhl hats mich umgehauen.

Linker Ellbogen auf die Tischplatte, rechter Ellbogen auf die Tischplatte. Ich zieh mich hoch und schau in unendlich viele Augen. Entsetzte Augenpaare. Boah, meine Schöne, sind die diszipliniert. Kein Grinsen oder Lachen.  «Sollen wir eine Pause einlegen? Damit du dich erholen kannst», fragt Herr Scherer von der Psychologischen Fachstelle. Oh Gott, wie peinlich ist das denn?

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