Es gibt nichts Schöneres, als wenn der Schmerz nachlässt.

Ich meinte, gegen meine Schmerzen sei kein Kraut gewachsen. Dann lernte ich einen Mann kennen. Christian Gut. Er kam, sah und drückte – den Schmerz weg. Unglaublich.

Erinnerst du dich an unseren Weiberabend im Juli? Es drehte sich alles um Schmerzen. Um Schmerzen und wie umgehen damit. Begeistert erzählst du mir von der «Liebscher & Bracht»-Schmerztherapie. So begeistert du warst, so wenig interessierte mich das. «Klar. Ich gehe zu einem Therapeuten, der drückt ein bisschen da und drückt ein bitzeli dort rum und schwuppdiwupp sind meine Schmerzen weg. So ein Blödsinn.»

Kaum zu Hause google ich Schmerztherapie. Schliesslich bin ich enorm gwunderig. Und es muss eine Lösung her, wie ich meine Schmerzen loswerde. Ich kann mir ja schlecht jeden Tag ein Hanfteeli brauen. Nur: Ich bin ganz und gar nicht überzeugt von der Schmerztherapie. Im Gegenteil.

Meine Liebe, du kennst ja den Martin. Gäll? Er riet mir, ich solle einen Termin im Gesundheitszentrum Gut machen. In Mettmenstetten. Die arbeiten dort nach dem Motto: «Gut-tut-gut». Dort sei ich in den besten Händen, für eine Schmerztherapie. Kein Problem. Mettmenstetten ist ja gleich ums Eck.

Selbstverständlich mache ich keinen Termin ab. Bin zu bequem. Zu faul. Und überhaupt. Schmerzen bewusst ausschalten und beherrschen, das kann jeder. Vorausgesetzt, du hast keine Angst vor Schmerzen. Ich kann das schampar gut. Zu gut. Ich warte zu lange, immer, bis ich was dagegen unternehme.

Ich telefoniere mit Martin. Nebenbei erwähne ich, meine Schmerzen seien unerträglich. Ich werde meine Schulter operieren. «Mach das nicht. Gehe zuerst zu Christian Gut. Er kann dir helfen.» Weisst du, liebe Christine. Meine Neugier übertrifft meine Lust. Zwei Wochen später steh ich diesem Christian Gut gegenüber und denke: Um Himmels Willen, was tu ich hier.

Tja. Ich habe zwei Baustellen. Fuss und Schulter. Der Fuss ist wichtiger. Für mich. Die Schulter dringender. Ich habe den OP-Termin gebucht. Christian Gut hört zu und meint irgendeinisch: «Du forderst mich, weisst du das?» Logisch. Ich fordere ihn. Ich bin alles andere als 08.15. Das weisst du bestens, gäll.

Treppe rauf, Treppe runter. Den Schmerz soll ich mir merken. Nun bin ich ein wenig vergesslich. Von Haus aus. Also. Ich laufe ein zweites Mal. Treppe rauf Treppe runter. Schmerzen speichern. Fertig. Ab auf die Liege.

Stell dir vor, MaBelle. Ich überrasche mich selber immer wieder. Wie ich abschalten kann. Traumhaft. Da kann der Christian Gut lange auf die Knochenrezeptoren drücken um den Alarmschmerz auszulösen. Er kann so oft nachfragen, wies mir dabei geht, wie er will. Ich bin mit meinen Gedanken ganz wo anders.

Ich sage dir, meine Liebe, in Gedanken fluche ich. Über Christian – wir sind duzis. Über die Schmerzen.

Wie immer lese ich aus der Ferne deine Gedanken und sage dir: «Willst du wissen, wie so ein Therapeut aussieht? Musst googlen. Guck ihn dir an. Unter «gut-tut-gut.ch». Weisst du was? Du kannst dich später auf seiner Webseite umschauen. Ich beschreib ihn dir. Also. Christian ist ein sportlicher Mann, so gegen 50, grossgewachsen, fröhlich, empathisch und durchaus charmant. Ein Kollege von Martin halt.

Ich frage mich, warum tu ich mir das an. Ich hab genug Schmerzen, brauche nicht noch mehr. Und ich weiss genau: Ich ziehe die Therapie durch. Bis zum Schluss. Ohne Wenn und Aber.

Am Ende kommen die Engpassdehnungen. Christian zeigt mir, welche für mich persönlich sinnvoll sind. Keine grosse Sache. Jeden Tag ein paar Minuten in diese Übungen investieren? Kein Problem. Ist machbar. Für mich.

Und wieder. Treppe rauf, Treppe runter. Den Schmerz mit dem gespeicherten vergleichen. Und? Uiii.

Ich fass es nicht. Die Schmerzen sind reduziert. Reduziert um ein Vielfaches. Ich verdrehe mein Arm in alle Richtungen und geniesse den nicht vorhandenen Schmerz. «Cool. Gäll», höre ich Christian sagen. «Total cool», sage ich und denke: So geil.

So geil sind auch die blauen Flecken am Morgen danach. Egal. Ich verbuche sie als Kollateralschaden.

PS. Fortsetzung folgt bestimmt.